Der Transalpine Run 2019 steckte mir noch in den Knochen, als ich im September 2019 nur eine Woche später beim Arberland Ultratrail gestartet bin. Und was habe ich den Lauf gefeiert! Großartiges Ding! Super liebevoll organisiert und in tollster Kulisse. (Bericht dazu gibt es hier.)
2020 wurde er abgesagt. Kann man verstehen, muss man aber nicht. Wie man einen durchaus vergleichbaren Wettkampf auch in COVID-19-Zeit erfolgreich organisieren kann, zeigte der Südthüringen Trail 2020 (hier der Bericht dazu.)
Ende März 2021 wurde der Arberland Ultratrail – geplant für September – erneut um ein Jahr verschoben. Die Info steht auf der Facebook-Seite und der Homepage. Eine Mail an die Angemeldeten? Nope. Startplatzgarantie für 2022? Nope. Man wird das Geld zurückerhalten und solle sich neu anmelden. Erklärung warum? Nope. Die Mail ist knapp eine Woche später übrigens noch immer nicht da. Sagen wir es mal so: Wertschätzende Kommunikation gegenüber den Teilnehmenden sieht anders aus.
2020, was bist du für ein krasses Jahr? Was in den ersten fünf Monaten geschah, reicht normalerweise für diverse Jahre: Corona, globale Pandemie, Wirtschaft im freien Fall und Absage fast aller Rennen. Gleichzeitig Probleme mit einem Knie und anderem Hüftbeuger = totales Motivationsloch beim Lauftraining. Rennradtraining geht dafür durch die Decke. Kaum ist das Lauftraining wieder am Start: Unfall im Elbsandsteingebirge – Bergung per Hubschrauber, Speiche gebrochen, Abriss der Elle, Sportstopp für Wochen. Was kommt noch in diesem krassen Jahr?
Seit Wochen wollte ich schon ein Update schreiben: wie Corona und Lauftrainingsmotivationsloch mein Rennradtraining geboostet haben; wie sehr mir die Heulerei auf den Sack geht, dass Läufe abgesagt werden; und wie sehr mir die Motivationsparolen auf den Sack gehen, dass wir doch alle trotzdem laufen und happy sind. Aber was gab es da groß zu sagen?
Langsam kommt Bewegung in die Sache. Es ist spannend zu sehen, wie die Trailrunning-, Rennrad- und Triathlon-Szenen mit den Absagen umgehen, wie sich meiner Meinung nach total unnötige virtuelle Events etablieren – auch wenn sie Marketing-technisch echt gut und clever sind – und wie sich die Communities schon jetzt verändern. Gewinnen insgesamt die agilen kleinen Events? Sterben genau die, weil sie keine finanziellen Polster haben? Wie viele der Corona-bedingten neuen LäuferInnen werden dabei bleiben?
Nachdem ich meinen Frieden mit all den Wettkampfabsagen gemacht habe und sowohl Knie, als euch Hüftbeuger wieder sauber arbeiten, kommt auch die Motivation fürs Lauftraining zurück, der Spaß beim wald- und hügelflowen. Und dann das: Easy im Elbsandsteingebirge unterwegs. Es ist das erste WE an dem die innerdeutsche Grenze und der Naturpark wieder offen sind, das Wetter ist bestens. Kurz nicht aufgepasst, Sturz auf einen Felsen, Schmerz und eine s-förmig vom Unterarm abstehende Hand. Bergrettung alarmiert, aufgrund von unzugänglichem Gelände Bergung via Hubschrauber. Befund: Speiche gebrochen, Abriss der Elle, Operation mit Vollnarkose, Sportstopp für Wochen. Viele Wochen. Wettkämpfe sind eh nicht in Sicht, also buchen wir diesen Scheiß auch noch aufs ohnehin schon tiefrote Karmakonto von 2020. Jetzt bin ich gezwungenermaßen einhändiger Neulinkshänder und brauche zum Zähneputzen und Texte tippen halt anstrengende Ewigkeiten.
Verbittert? Zynisch? Nicht wirklich. Meine Rennradjahreskilometer habe ich durch meine Kopffreiausfahrten eh schon fast drin. Und dass 2020 das krasseste Jahr ever – für mich – ist, ist längst akzeptiert. Denn auch joblich läuft lange nicht alles easypeasy. Aber das ist eine andere Geschichte. Fest steht:
Was ist Glück?
Antworten und Definitionsversuche gibt es viel zu viele. Man kann
sich imho nur immer wieder annähern und feststellen: „Das! Das
war es.“ Und das kann dann einfach ein frostiger Mittwochmorgen im
Grunewald sein.
Viel zu kalt, viel
zu werktags, niemand unterwegs. Außer zwei Freunden beim
Querfeldeinlauf über gefrorenen Boden aber unter blauem Himmel.
Der eine erzählt von seiner Kündigung und der zeitgleich
aufgehenden neuen Job-Option. Der andere erzählt von den familiären
Problemen zuhause mit Mutter und Vater. Gleich danach wechselt das
Thema zu den strahlenden neuen Möglichkeiten die sich dem begabten
jungen Journalisten gerade bieten.
Noch immer niemand
sonst im Wald unterwegs. Nichtmal Hundehalter.
Die negativen
Episoden werden eingerahmt von neuen Optionen und Geschichten aus dem
Freundeskreis, während es über Drachenberg, Teufelsberg und diverse
Hügel hoch und runter geht.
Nach 25 Kilometern
und 400 Höhenmetern ist Schluss. Abklatschen. Glücklich nach Hause
fahren.
Man soll die Komfortzone verlassen, denn nur dort sind wahres Wachstum und neue Erfahrungen möglich. Außerhalb der Komfortzone ist es vielleicht kalt, nass, anstrengend – aber es ist halt für den guten Zweck.
Doch was ist der komfortable Bereich? Ist er warm und gemütlich und gewohnt? Oder vielleicht kalt und nass und anstrengend? Und was macht es mit der Komfortzonentheorie, wenn es sich ins Gegenteil verkehrt?
Mein Büro ist warm und komfortable. Ein schöner Blick auf die Altstadtmauer, große Pflanze, wohltemperiert. Draußen hat es letzte Woche geregnet und war kalt. Doch der Wind in der internen Struktur und dem Kommandogefüge war kälter, so dass ich an zwei Abenden dezent abgefuckt meine Laufschuhe angezogen habe und im dunklen, kalten Regenwetter Kilometer abgerissen habe. 17 am ersten Tag, 21 zwei Tage später. Nach 12 Kilometern war ich beide mal nass und kalt und verschwitzt – und ruhig. Es funktioniert halt immer wieder. Trotzdem habe ich mich gefragt, wo jetzt die Komfortzone eigentlich liegt? Doch draußen, wo wieder alles gut wurde? Obwohl es nass und kalt war?
Eine Woche später. Der erwähnte Job ist noch relativ frisch. Ziemlich weit oben in der Hackordnung. Es knirscht. Mal wieder. Die Probezeit ist noch nicht ganz vorbei. Also Bilanz ziehen, Meinung sagen, professionell bleiben, trennen, Laufschuhe an, ab in Dunkelheit, Kälte, Schnee. Nach 12 Kilometern wird es ruhiger im Kopf. Nach 16 ist Schluss – es gibt am Abend noch viele Biere zu trinken. So viel Mensch sein muss sein.
Was lernen wir daraus? Laufen ist gut. Und: das Büro im neuen Job ist ganz klar nicht die Komfortzone. Gut, dass ich auch dort viel Zeit verbracht habe. Denn ich habe wirklich viel gelernt, das ich im gemütlichen Lebensteil davor nicht wusste. Aber das ist eine andere Geschichte. Was ich auch wieder bestätigt bekommen habe: Komfortzonen sind von Mensch zu Mensch und Situation zu Situation unterschiedlich.
„Komfort ist die Bequemlichkeit, die auf der Präsenz von bestimmten Maschinen, Gegenständen oder Anlagen beruht. Eine Einrichtung ist auf Grund ihrer Möglichkeiten und ihrer Ausstattung mit Gegenständen komfortabel, wenn sie dem Menschen Arbeit verringert und ihm Behaglichkeit bietet.“ (Wikipedia >)