Der letzte Wettkampf ist Wochen her, Umfang und Intensität des Trainings haben sich verschoben, das Laufjahr 2019 geht zu Ende. Für den Rückblick fühlt es sich zu früh an, für eine Standortbestimmung nicht.

Herbstlauf in der Schorfheide - so karg, so schön
Herbstlauf in der Schorfheide – so karg, so schön

Es geht schon wieder los – Jahresrückblicke wohin man schaut. Und wird von Jahr zu Jahr schlimmer? Wird es bestimmt, denn das ist ja immer so. Aber da wir alle eifrig unsere Läufe, Radfahrten, sonstige Trainings und teilweise sogar Fahrten zum nächsten Supermarkt tracken, ist genau jetzt die Zeit, die avisierten Jahresziele zu checken und zu posten. Fehlen mir noch 27 Kilometer zum Jahresziel? Bin ich schon 12% drüber? Feiern wir uns gegenseitig!

Daneben freut sich die Timeline auf Facebook, Strava und Co auch über die Infos, wer 2020 bei welchen Wettkämpfen startet. Große Pläne überall. Und großes Geschrei, dass die Trailrun-Szene gerade total kommerziell verkommt, da zum Beispiel der Ultra Trail Lamer Winkel in weniger als 1h ausverkauft war. Kurz drauf kommt zum Glück mit großem Pathos die Doku zum Transalpine Run auf den digitalen Vorweihnachtsmarkt: „Beyond The Doubt“. Schnell noch schauen, dann geht es dem aufregten Ego wieder besser. Wir Trailrunner sind halt schon eine harte, verrückte, emotionale Grenzgänger-Draufgeher-Truppe. Schön, wenn wir das filmisch nochmal bestätigt bekommen.

Und ich so? Außer kurz den Giftundgallewerfer bedienen? Ich habe mich natürlich für die nächsten Wettkämpfe 2020 registriert. Bevor sie ausverkauft sind. Und ich versuche, mich möglichst wenig an den Diskussionen über unsere doch ziemlich heterogene Szene zu beteiligen. Stattdessen erstmal nach einem extrem intensiven 2019 tapern. Die Gelenke, Muskeln und Knochen im November zur Ruhe kommen lassen. Im Dezember dann wieder an kurze schnelle Einheiten gewöhnen. Und regelmäßig aus der großen Stadt rausfahren und zum Beispiel in der Schorfheide laufen.U

Unwirklich und entspannend: Herbst in der Schorfheide

Ruhig ist es hier. Nebel hängt über den kahlen Bäumen, Seen und Moorflächen. Es ist der erste Urlaubstag vor Weihnachten. Wir laufen zu zweit gut 30 Kilometer nach Angermünde – inklusive Track verlieren und durchs Moor waten. Ideal zum runterkommen und als Test für den neuen Schuh. Vor einigen Tagen kam der On Cloudventure an. Auf der Straße zügig, im Gelände top Grip, im Moor bleibt er dicht. „Naja, die Füße sind jetzt nass,“ höre ich nach den notorisch gurgelnd ertrinkenden Stapfgeräuschen im Sumpf. „Meine nicht,“ denke ich mir, halte den Mund und wir laufen weiter durch eine weltvergessene Landschaft unweit von Berlin. Tut gut. Kein Wettkampf, keine Zielzeit als Wettkampfvorbereitung, aber auch keine Asphaltstrecke weil man halt faulerweise vor der Haustür startet. Einfach wieder laufen zum Seele baumeln lassen. Und es läuft gut. Das liegt garantiert nicht nur am Schuh.

Was heißt das jetzt alles? 2020 wird ein spannendes Jahr mit tollen Wettkämpfen – und viel Brimborium drumherum. Mein offizieller Jahresabschied wird zwischen den Jahren von ganz alleine noch kommen. So ein bisschen daten- und statistikgeil sind wir doch alle. Jetzt ist es aber genau richtig, einfach nur zu laufen und wieder mit wachem Ohr nach innen zu hören: welche Distanzen sind gerade gut? Welches Tempo ist fordernd, aber nicht überfordernd? Braucht das System mehr Ruhe? Stress, Trainingsziele und Wettkämpfe kommen noch früh genug. Und ja: ich freue mich drauf. Umso mehr, je mehr jetzt kein Druck dabei ist.

Mehr rausgehen, mehr laufen, mehr Klappe halten.

Ein gutes Motto für die kalte Jahreszeit.

(Hinweis: Der On Cloudventure wurde mir kostenlos zum testen zur Verfügung gestellt.)