Heldentrail 2021: Matsch, Regen, Nebel und tolle Trails

„Das war schon der legendär berüchtigte Skihang hoch auf den Beerberg?“ Wo mir sonst die Socken qualmen und Oberschenkel brennen, marschiere ich erstaunlich locker durch den Nebel. Man sieht kaum die andere Seite der Schneise – schwer hängen Feuchtigkeit und Nebel im Morgengrauen. Oben macht entsprechend niemand das obligatorische Panoramabild von Suhl – man sieht ja nichts und so geht es einfach weiter.

Start des Riesentrail - hell ist es jetzt, aber es bleibt neblig (c) Südthüringen Trail via Facebook
Start des Riesentrail – hell ist es jetzt, aber es bleibt neblig (c) Südthüringen Trail via Facebook

Es ist mein 3. Start beim Heldentrail des Südthüringen Trail. Ein paar wenige Startende haben das Kerbholz komplett voll und starten beim 5. Geburtstag auch zum 5. Mal. Ziemlich cool. Die Vorfreude ist auch mit jedem Tag gestiegen, auch wenn der Wettbericht konstant darauf beharrt, dass am Renn-Samstag Regen und vielleicht sogar Gewitter anstehen.

Was soll schon schiefgehen bei meinem liebsten heimischen Ultratrail außerhalb der hohen Berge, der dieses Mal sogar Austragungsort der DUV-Meisterschaft im Ultratrail ist? Die Antwort werde ich schon früh genug bekommen…

Es geht großartig los. Samstag 5:00, es ist mild und trocken, im Headlamp-Schein starten wir zügig in die Hügel um Suhl, über den Domberg und wieder durch Suhl. Überall feine Erinnerungen an die bisherigen Starts – läuft sich flott und locker. Nach 1/2h kommt der Regen. Erst locker im Wald, dann heftiger. Der trockene Boden wird matschig, die Luftfeuchtigkeit steigt rasant. Weiter oben laufen wir beständig im Nebel und der zerfurchte Boden wird schlammig. Immer wieder sinkt ein Schuh bis zum Knöchel in den frischen Morast – man sieht halt wenig im vom Nebel reflektierten Kopflicht.

Heldentrail 2021: feucht und steil (c) Südthüringen Trail via Facebook

In der Gegend vom Goldlauterberg dann die bittere Erkenntnis: Die schwere, feuchte Luft macht mir echt zu schaffen. Rund 1/3 des Heldentrail ist gemacht, aber es läuft sich schwerer und schwerer. Wir machen hoch zum Fichtenkopf auf 944 Metern, um den Teufelskreis rum und über den Schneekopf. Doch anstatt mich über die schönen Trails zu freuen, spult der Kopf die mittlerweile bekannten Segmente ab und überschlägt, wann endlich die 3. VP kommt. Kurz davor passiere ich noch eine ziemlich leidende Läuferin. Ob alles ok ist? „Gar nichts ist ok, aber muss irgendwie,“ sagt sie. Helfen könne ich nicht. Sie erreicht VP3 als ich wieder starte und bricht dort den Lauf ab.

Dank der DUV-Meisterschaft hat sich das ohnehin starke Niveau der Startenden nochmal nach oben geschraubt. Es ist krass, was für Zeiten heute gelaufen werden. Ich bin die meiste Zeit meine eigene Gesellschaft – was fein ist. Im nass-trüben Matschbiente komme ich zwar immer wieder in sowas wie Flow, aber eine Freude ich es heute nicht. Es ist ein Durchhalten, das den erneuten Start nach dem Riesentrail auf den Wichteltrail (denn nur beides zusammen ist der Heldentrail) nicht leichter macht. Interessant am Rande: 2021 haben hier 51 LauferInnen abgebrochen, 2020 nur 17, 2019 waren es 24.

Nass, nass, nass (c) Südthüringen Trail
Nass, nass, nass (c) Südthüringen Trail

Als ich den hoch wie runter genutzten Weg über die Diestel steige – von manchen auch „die Wand“ genannt (danke dafür, Jonas) – kommt mir Almut aus Berlin im Downhill entgegen. Während ich noch die letzten Höhenmeter und Kilometer vor mir habe, legt sie eine fantastische Form und Zeit hin und gewinnt das Rennen wenig später. An ziemlich der gleichen Stelle kommen mir später gleich 3 Bekannte nacheinander entgegen. Sie haben die letzten Höhenmeter und Kilometer noch vor sich, während ich das Ding endlich nach Hause bringe.

Es war auch der 1. Wettkampfeinsatz meiner neuen Garmin Enduro – und die Uhr hat hervorragend performt. Den Akku interessieren die paar Stunden Sport mal gar nicht, während ich mich vor allem über die ClimbPro-Funktion freue. Kommt mir bei dem ständigen Auf und Ab wirklich sehr entgegen.

Höhenprofil des Heldentrail (c) strava.com
Höhenprofil des Heldentrail (c) strava.com

Der Heldentrail ist immer hart. Und obwohl mir all die harten Segmente heute leichter vorkamen als sonst, war es mehr Krampf als Kampf. Erinnerungen an Läufe wie den Maintal Ultratrail 2019 (hier der Bericht) werden wach. Auch dort hat mich die Luftfeuchtigkeit derbe zerrieben. Daraus kann ich jetzt wohl eine Regel ableiten. Wieder was gelernt.

Nach einer kurzen Pause und der nächsten Regendusche im Ziel geht es zurück zum Bahnhof und nach Hause. Das emotionale Fest der letzten beiden Starts war der Heldentrail 2021 für mich nicht. Trotzdem war es wie immer cool, hier gewesen zu sein. Ein Lauf mit diesem Niveau und dieser Klasse findet man außerhalb der Berge halt kaum und ein schönes, kleines Familientreffen ist es noch dazu. Wer noch nicht da war: macht es! Sogar die sonst schlimmst neonfarbenen Finishershirts sind dieses Jahr echt schön und aus Baumwolle. Aber das nur am Rande…


(Hinweis: Die Garmin Enduro wurde mir vorübergehend
kostenlos zum testen zur Verfügung gestellt.

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  1. Mandy

    Wow!!! Toll geschrieben!!! So war es! Besser kann man es nicht beschreiben! Genau so!!! Also was die ersten 47 km betrifft, kann ich mitreden…

    • Tobias

      Vielen lieben Dank Mandy!

      • André Rauch

        Großartig Tobias, genau meine Empfindungen von der Luftfeuchtigkeit bis zum Shirt.
        Die Frage nach dem Aufhören bei Kilometer 47 stellte sich aber trotz der Bedingungen nicht. Habe ich doch nun die fünfte Kerbe im Heldentrail-Holz.
        Grüße André

  2. Jan

    Schön geschrieben.! 🙂… Ich glaub wir waren zur selben Zeit Am Adler (VP3) 😉

    • Tobias

      Danke Jan! Dann sollte ich wohl mal Fotos stalken, sobald sie online sind. Waren ja nicht so viele gleichzeitig dort.

  3. Markus Meinke

    Klasse Bericht sehr schön beschrieben !
    Komme auch wieder

    Lg aus Kölle

    • Tobias

      Danke Markus! Da hast du mit Kölle ja noch ne weitere Anfahrt als wir aus Berlin! Köln ist übrigens meine Heimat. Linksrheinisch natürlich 😉

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