Schlagwort: Ultrarunning

Evolution durch Leiden: Regen, Verletzungen und DNF

Was heißt es, als Läufer*in erwachsen zu werden? Neben den Höhen auch die Tiefen zu kennen? Zu merken, dass man nicht unzerstörbar ist? Zu wissen was man kann und mag – und was eben nicht? Zu verlieren und wieder aufzustehen? Dann ist meine Läuferseele wohl mittlerweile erwachsen geworden.

Das Maximum an Sonnenaufgang beim Pitz Alpine Glacier Trail 2022
Das Maximum an Sonnenaufgang beim Pitz Alpine Glacier Trail 2022

Ich marschiere klitschnass irgendwo im Korridor zwischen 2.500 und 2.8000 Höhenmetern durch die Pitztaler Alpen. Ich sehe fast nichts, denn neben dem vorhergesagten schlechten Wetter macht vor allem der Nebel beim Pitz Alpine Glacier Trail 2022 den Spaß ziemlich zunichte. Zumindest für mich (hier der ausführliche Bericht). Die Entscheidung steht: DNF. Did not finish. Ich werde abbrechen. Die drei Buchstaben, vor denen ich mich immer gefürchtet habe, die ich aber auch nie als Option zugelassen habe. Ich breche nicht ab. Kein Rennen ist stärker als ich.

Oder?

Heldentrail 2021: Matsch, Regen, Nebel und tolle Trails

„Das war schon der legendär berüchtigte Skihang hoch auf den Beerberg?“ Wo mir sonst die Socken qualmen und Oberschenkel brennen, marschiere ich erstaunlich locker durch den Nebel. Man sieht kaum die andere Seite der Schneise – schwer hängen Feuchtigkeit und Nebel im Morgengrauen. Oben macht entsprechend niemand das obligatorische Panoramabild von Suhl – man sieht ja nichts und so geht es einfach weiter.

Start des Riesentrail - hell ist es jetzt, aber es bleibt neblig (c) Südthüringen Trail via Facebook
Start des Riesentrail – hell ist es jetzt, aber es bleibt neblig (c) Südthüringen Trail via Facebook

Es ist mein 3. Start beim Heldentrail des Südthüringen Trail. Ein paar wenige Startende haben das Kerbholz komplett voll und starten beim 5. Geburtstag auch zum 5. Mal. Ziemlich cool. Die Vorfreude ist auch mit jedem Tag gestiegen, auch wenn der Wettbericht konstant darauf beharrt, dass am Renn-Samstag Regen und vielleicht sogar Gewitter anstehen.

Was soll schon schiefgehen bei meinem liebsten heimischen Ultratrail außerhalb der hohen Berge, der dieses Mal sogar Austragungsort der DUV-Meisterschaft im Ultratrail ist? Die Antwort werde ich schon früh genug bekommen…

Ith Hils Ultratrail – 81 km solo & selbstversorgt

„Also, wenn sie noch weiter laufen wollen als bis Adam und Eva, vielleicht noch bis zum Lauensteiner Kopf und dann auf der anderen Seite zurück – da sind Sie sicher 20 Kilometer unterwegs. Aber Sie haben ja meine Telefonnummer. Zur Not sammel ich Sie irgendwo ein.“ Ich muss ein wenig schmunzeln unter der FFP2-Maske, als der Platzwart am Campingplatz Rattenfängerplatz dieses Rettungsangebot macht. Ich sage ihm nicht, dass ich das Vierfache plane. Den 81 km langen Ith Hills Weg. Alleine. Keine externe Versorgung – you want it, you bring it.

Adam und Eva am Ith bei Coppenbrügge
Adam und Eva am Ith bei Coppenbrügge

Interessant ist dieser kurze Reality Check aber trotzdem. Wir leben und trainieren in unseren Bubbles – und in meiner dreht sich viel um Sport. Da läuft man 20 km im Mittelgebirge auch schonmal vor dem Frühstück. Oder fährt mit dem Rad mal nach Dresden. Normal. Normal? Aber letztlich bin ich genau deshalb hier. Nachdem wieder die komplette Frühlings- und Sommerplanung von Corona-bedingten Wettkampfabsagen und -verschiebungen durcheinander gewirbelt wurde, musste ein Highlight her. Und wenn ich es halt selber organisieren muss. Aber wenn schon selber, dann richtig. Solo. Ohne Begleitung, ohne Support, ohne mentale Unterstützung.

2021 wieder Wettkampf-Verschiebungen: Genau das falsche Signal zur falschen Zeit

Der Transalpine Run 2019 steckte mir noch in den Knochen, als ich im September 2019 nur eine Woche später beim Arberland Ultratrail gestartet bin. Und was habe ich den Lauf gefeiert! Großartiges Ding! Super liebevoll organisiert und in tollster Kulisse. (Bericht dazu gibt es hier.)

2020 wurde er abgesagt. Kann man verstehen, muss man aber nicht. Wie man einen durchaus vergleichbaren Wettkampf auch in COVID-19-Zeit erfolgreich organisieren kann, zeigte der Südthüringen Trail 2020 (hier der Bericht dazu.)

Ende März 2021 wurde der Arberland Ultratrail – geplant für September – erneut um ein Jahr verschoben. Die Info steht auf der Facebook-Seite und der Homepage. Eine Mail an die Angemeldeten? Nope. Startplatzgarantie für 2022? Nope. Man wird das Geld zurückerhalten und solle sich neu anmelden. Erklärung warum? Nope. Die Mail ist knapp eine Woche später übrigens noch immer nicht da. Sagen wir es mal so: Wertschätzende Kommunikation gegenüber den Teilnehmenden sieht anders aus.

Arberland Ultratrail 2019 (c) Arberland Ultratrail

1. Oberlausitztrail: Perfekte Premiere

Starkwind im Gesicht, abwechselnd Regen und Nebel, es ist kühl – die Premiere des Oberlausitztrails hat es nicht leicht. Und doch: die Wolken ziehen immer wieder auf, die Landschaft ist wunderschön, die Strecke super gewählt und die Premierennervosität der Organisatoren unbezahlbar charmant. Schöner kann ein kleiner Herbst-Ultra kaum sein.

Verwunschen schöne Oberlausitz
Verwunschen schöne Oberlausitz

Vor der Startlinie stehen zwei Tische. „Die könnt ihr auch wegräumen,“ lässt uns der Moderator wissen, als sich die knapp 90 StarterInnen des 1. Oberlausitztrails für die lange Runde aufstellen. Lang, das heißt hier 48 km inkl. 4 km Asphalt und 1.200 Höhenmetern. Dann wird runtergezählt. „3 -2 -1 – – – – Stille.“ Kein Schuss. Niemand startet. Alle schauen etwas verwirrt. Naja, dann laufen wir halt doch und einfach so. Nach 15 Metern dann ein Schuss. „Wir müssen jetzt aber nicht zurück, oder?“ „Ich glaube nicht.“ Die Stimmung passt jedenfalls, als es die wenigen hundert Meter aus Gaußig raus und Richtung Waldwege geht. Der 1.Oberlausitztrail hat begonnen, 1h später als ursprünglich geplant, weil auch noch eine Treibjagd im Wald stattfindet. Na dann…

Röntgenlauf in Remscheid: So herzlich ist das Bergische Land

Eigentlich ist der fast schon historische Röntgenlauf in Remscheid ein Landschaftslauf wie viele andere auch. Eigentlich. Tatsächlich ist hier aber einiges anders – allem voran die einmalige bergisch-rheinische Stimmung. Ein Lauf, der Freude macht und zu Recht einen hervorragenden Ruf hat.

Herbst im Bergischen Land (c) Röntgenlauf 2011
Herbst im Bergischen Land (c) Röntgenlauf 2011

Im Gegensatz zu vielen anderen Läufen ist das Social Media Brimborium zum 19. Röntgenlauf minimal, die Homepage auch nicht mehr ganz auf dem aktuellen Standard. Aber der Lauf soll prima sein. Das hört man immer wieder. Und auf den Lauf kommt es schließlich an. Also ab ins Bergische Land. Warum der Lauf an einem Sonntag stattfindet, erschließt sich mir zwar nicht, da ein Samstag für die meisten Anreisenden viel praktischer wäre, aber geschenkt. Vor dem Start das erste Novum für den atheistischen Läufer aus der Hauptstadt: eine ökumenische Andacht 10 Minuten vor dem Start. Interessant. Ebenfalls interessant ist das Strecken-Setup. Wir Ultras laufen 63,3 Kilometer – 3 Halbmarathons, die als einzelne Etappen den ganzen Lauf strukturieren.

Hamperokken Skyrace 2019: der Showdown naht

Mallorca. Finka. Anfang Februar. Ich habe eine Verabredung mit dem Schicksal. Vor Monaten habe ich das erste Mal vom Hamperokken Skyrace in Tromsø, Norwegen, gehört. 57km lang, 4800 Höhenmeter.

Whaaaaat?!

Hillary Gerardi, winner 2018 (c)  Hamperokken Skyrace / David Gonthier
Hillary Gerardi, winner 2018 (c) Hamperokken Skyrace / David Gonthier

Diese Bilder. Diese Videos! Liebe auf den ersten Blick. Und Ehrfurcht. Viel davon. Ein Setting zwischen Lord of the Rings und Black Metal. Ein schmaler und umso steiler abfallender Grat. So furchteinflößend wie faszinierend. Die Geschichte konnte von Anfang an nur ein Ende nehmen – ich werde nach Norwegen fliegen und das Ding laufen. Und ich werde es finishen! Es wird mein größtes Abenteuer 2019.

Hindernisse? Seltsames Wort. Laut Duden ein „hindernder Umstand, Sachverhalt; Hemmnis, Schwierigkeit“ Ok, zu diesem Zeitpunkt war mein härtester Lauf der Heldentrail vom Südthüringentrail. Ordentliche Kante mit 65km und 2.500 Höhenmetern. Aber nicht alpin. Keine Absturzgefahr. Kein gnadenloser Grat. Und keine 4.800 Höhenmeter! Da hätten wir ein sehr ernsthaftes Hindernis. Wtf, wird ignoriert.

Mallorca. Die Anmeldung öffnet. Server in Norwegen und WLAN in der Finka sind lahm. 30 Minuten nach Öffnung dann die Bestätigung. Ich bin drin! Fuck – ich bin drin! Ich laufe das verdammte Hamperokken Skyrace! Totaler Flash! Doch was genau heißt das? Viel trainieren. Vorbereiten. Lange Läufe wie der Rennsteig Supermarathon. Höhenmeter sammeln, z. B. beim FichtelbergUltra. Alpine Erfahrung holen beim Zugspitz Ultratrail.

Jetzt sitze ich hier. Im flachen Berlin. Tapere. Übermorgen geht der Flieger. Ich habe das WE mit viel Rennrad- und CX-fahren verbracht. Knochen schonen aber Muskeln warmhalten. Jetzt komplett erholen. Ich schaue mir Videos an, lese berichte. Verdammt, worauf habe ich mich da eingelassen?

Es wird der Hammer. Es wird intensiv. Ich freue mich derbe. Dieser Lauf und ich – wir sind weiterhin füreinander gemacht. Hoffe ich. Körperlich bin gut vorbereitet. Da mache ich mir keine Sorgen. Aber wie sieht es technisch aus? Es wird spannend.

Interessant übrigens, dass es von den Veranstaltern keine letzten Infos vor der Anreise gibt. Es gibt auch keine Pflichtausrüstung, die mitgebracht werden muss. Ganz anders als beim Zugspitz Ultratrail, wo es absolut sinnvoll ist und geprüft wird. Ganz anders als beim Maintal Ultratrail, wo es unnötig ist und trotzdem geprüft wird. Dabei ist es in dieser unwirtlichen Gegend ganz oben in Norwegen wirklich wichtig, das richtige Equipment dabei zu haben. Oder haben es die Norweger etwa geschafft, den gesunden Menschenverstand nicht nur zu fordern, sondern auch so zu triggern, dass die TeilnehmerInnen tatsächlich kluge Entscheidungen treffen? Wenn sie mal nicht bevormundet werden?

Es wird spannend. An allen Fronten und Enden.

Jetzt heißt es Daumen drücken, dass das Wetter gut wird. Im Regen macht es nicht nur wenig Spaß, sondern wird auch richtig, richtig gefährlich in den technischen Passagen.

Maintal Ultratrail 2019: Was ich von den Weinbergen gelernt habe

Was muss das für ein Lauf sein, dieser Maintal Ultratrail? DUV-Cup, German Trailrunning Cup, 1. Bayerische Trail-Meisterschaft über 30 km und 1. Unterfränkische Trail-Meisterschaft über 30 km. Letztes Jahr sogar DUV Deutsche Meisterschaft Ultratrail.

Maintal Ultratrail 2019 - herzlich Willkommen in Veichtshöchheim
Maintal Ultratrail 2019 – herzlich Willkommen in Veichtshöchheim

Liest sich wie das Trailrunning-Mekka mit Gefahr zum Überlaufensein. Als ich um 17:15 am Sportplatz im unterfränkischen Veichtshöchheim ankomme, sieht aber alles noch mehr nach Vorbereitung eines Fußballturniers der lokalen C-Jugend aus. Im Vereinshaus ist ebenfalls noch Hektik angesagt, während die ersten Läufer eintrudeln. Sehr menschlich, sehr sympathisch! Neben der Startnummer gibt es dann nur noch einen Flyer für 2020. That‘s it. Kein Beutel voller Werbung oder ähnlichem Mist. Shirts gibt es auch nur, wenn man sie bestellt hat oder vor Ort kaufen will. Dass die Dinger 20 Euro kosten sollen, ist allerdings „interessant“ kalkuliert. Pastaparty ist übrigens auch zum Selbstkostenpreis von 3,50 Euro pro Portion. Ebenfalls ungewohnt. Da fällt die Entscheidung nicht schwer, lieber gleich zur Pension zu gehen.

GutsMuths-Rennsteiglauf: Besonders, Pflicht, fantastisch – und doch…

Der Rennsteiglauf ist anders. Der Rennsteiglauf ist besonders. Sehen wir uns beim Rennsteiglauf?

Für ambitionierte Hobby-Ultrarunner geht kein Weg am Klassiker vorbei. Der Supermarathon bringt 74km und 1.800 Höhenmeter auf die Uhr. Das ist ein Brett. Also hinmachen, laufen, Urteil bilden.

2019 findet der GutsMuths-Rennsteiglauf zum 47. Mal statt. Inklusive aller Distanzen gibt es rund 20.000 Anmeldungen, fast 2.000 Läufer/innen werden den langen Supermarathon beenden. Wow. Entsprechend erfahren und reibungslos ist die Organisation vor Ort inklusive Klos-Party am Abend zuvor in Eisenach. Thüringer sind halt so stolz auf ihre Klöße, dass es keine Pasta-Party gibt. Eine angenehme Abwechslung.

Start des Rennsteig Supermarathons auf dem Marktplatz in Eisenach
Start des Rennsteig Supermarathons auf dem Marktplatz in Eisenach

Übernachtung in der Schule. Beim Rennsteiglauf bedeutet Schule dann auch wirklich Schule. Die Klassenzimmer sind leergeräumt, man schläft auf dem Boden und hat deutlich mehr Ruhe, als in den sonst gerne genutzten Turnhallen. Der nächste Morgen beginnt früh, es ist mit 6 Grad recht frisch, aber trocken und wolkenlos. Schön, wenn der Wetterbericht recht hat, denn diese Aussicht noch zwei Wochen vorher möchte heute niemand haben:

2 Wochen vorher - Rennsteig im Schnee (c) GutsMuths-Rennsteiglauf
2 Wochen vorher – Rennsteig im Schnee (c) GutsMuths-Rennsteiglauf

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